
… Deutschland
06.06.2020 – Achzehnter Eintrag
So ihr Lieben, da wären wir wieder. Nach knapp drei Monaten, in denen wir nichts mehr von uns haben hören lassen, es aber für uns trotzdem irgendwie drunter und drüber ging. Während die Welt nach außen hin still stand, sah es in uns alles andere als ruhig aus.
Nachdem wir unsere 14 Tage in Darmstadt abgesessen hatten, ging es für uns wieder ins schöne Unterfranken, in unsere Heimat, zurück. Es fühlte sich ganz unwirklich an. Die Gefühle und Gedanken, die wir hatten, sind kaum in Worte zu fassen und auch schwer zu erklären. Traurigkeit, dass wir unseren lang vorbereiteten Traum erst einmal abbrechen mussten. Ungewissheit, was in denen nächsten Wochen passieren wird, wie sich unsere Situation hier entwickeln wird, wo wir wohnen werden, denn unsere Wohnung ist ja untervermietet, ob wir nochmal los können oder unsere Pläne begraben müssen. Unsicherheit, wie wir uns entscheiden sollen und was wir machen werden. Was ist richtig, was ist falsch? Wut und Unverständnis über viele, viele Dinge. Angst, wie sich die Situation überall auf der Welt entwickeln wird. Aber auch Dankbarkeit, dass wir und unsere Familien und Lieben weitestgehend gesund sind. Und letztendlich auch immer und immer wieder Funken von Hoffnung, dass sich alles zum Guten wendet. Und noch so vieles mehr, was aber einfach den Rahmen sprengen würde.
Ihr merkt schon, ein absolutes Gefühlschaos…
Wir haben nach einer Schockstarre etwas Zeit gebraucht, um das alles zu verarbeiten, uns zu sammeln und irgendwie das Beste aus der Situation zu machen.
Mittlerweile sind unsere Gedanken sortierter, unser Inneres aufgeräumter und wir haben neuen Mut und neue Kraft gewonnen.
Wir arbeiten aktuell beide wieder, sind übergangsweise in Mainstockheim in meinem alten Zimmer untergekommen, da unsere eigene Wohnung nach wie vor untervermietet bleibt. Haben unsere freien Tage viel draußen verbracht, nachgedacht, geredet, neue „Pläne“ geschmiedet, wie unser Weg weiter gehen könnte. Aber da Leben ja bekanntlich passiert, während man damit beschäftigt ist, es zu planen, gestaltet sich das nicht ganz so einfach.
Aber wir haben eine Entscheidung getroffen. Da Basti zum August seinen unbezahlten Urlaub antreten muss und ihn nicht verschieben kann, wir also das Ganze nicht auf unbestimmte Zeit auf Eis legen können, werden wir wieder los gehen. Wir werden die Monate, die wir nun hier rein gearbeitet haben, nächstes Jahr dran hängen und haben dadurch ab dem Sommer 13 Monate Zeit, von der wir nicht wissen, wie sie aussehen wird, denn keiner weiß, wie das Ganze sich noch entwickeln und ausgehen wird. Aber auch Zeit, die wir uns für uns nehmen wollen, egal, wie sie letztendlich genutzt werden kann. Wir haben die letzten Jahre abgearbeitet, viel geopfert, einiges an Stress in Kauf genommen, um genau diese Zeit zu haben. Dass alles jetzt so gekommen ist, schmerzt. Aber hat uns auch irgendwie gezeigt, dass, egal was passiert, es das Wichtigste ist, dass wir es zusammen erleben.
Wohin wir im August starten können, wissen wir nicht. Wir haben diesmal keinen Plan, der durchkreuzt werden kann. Wir werden es sehen, es auf uns zukommen lassen, was möglich sein wird. Wahrscheinlich wird es erstmal im kleinen Radius ablaufen. Deutschland, Europa und dann mal sehen, vielleicht gibt es für uns doch noch einen „Weltreiseversuch 2.0“. Hellsehen können wir leider nicht, von daher lassen wir uns nun mal überraschen, was das Leben für uns weiter plant.
Ab August wird es hier aber definitiv wieder mehr zu lesen geben. Keine zwei Monate mehr.
26.03.2020 – Siebzehnter Eintrag
Genauer gesagt in Darmstadt. Aber dazu später mehr…
Die Ereignisse haben sich die letzten Tage gewissermaßen überschlagen und stündlich kamen neue Nachrichten, Meldungen oder Einschränkungen. Es ging alles ganz schnell, wir sind zurück in Deutschland, 12 Monate früher als geplant und auch noch mal um einiges früher, als im letzten Eintrag erwartet. Aber alles der Reihe nach.
Am 23.03., also vorvorgestern, hatten wir uns mittags für unseren Flug, der am 24.03. abends starten sollte, online eingecheckt. Alles hat problemlos funktioniert und wir waren guter Dinge und froh, weil wir mitbekamen wie ein Flug nach dem anderen gecancelt wurde. Aber unsere Fluggesellschaft Etihad schien standhaft zu bleiben. Unser Flug sollte wie gesagt am Abend starten. Dann sollte es nach einem vierstündigen Zwischenstopp in Abu Dhabi (Vereinte Arabische Emirate) am Morgen des 25.03. weiter nach Frankfurt gehen. Wir hatten bereits erfahren, dass die Vereinten Arabischen Emirate ihre Flughäfen ab dem 25.03., 23.59 Uhr Ortszeit – auch den Transitbereich – sperren würden. Da wir ja am frühen Morgen dort zwischenlanden sollten, dachten wir uns noch, Glück gehabt, ganz schön knapp gelaufen. Aber dann kam der Nachmittag des 23.03. …
Wir waren in unserer Wohnung, jeder mit etwas anderem beschäftigt, als die e-Mail eintraf, mit der wir nicht mehr gerechnet hatten, da wir ja schon eingecheckt waren. Unser Flug von Abu Dhabi nach Frankfurt wurde ersatzlos gestrichen. Das hieß, wir würden zwar von Johannesburg nach Abu Dhabi kommen, dort dann jedoch festsitzen. Und da auch dort wie eingangs erwähnt alles gesperrt werden sollte, wären wir wirklich dort gestrandet. Ohne Visum, irgendwo am Flughafen. Vielleicht kennt der ein oder andere den Film „Terminal“ aus den 90er Jahren, toller und lustiger Film mit Tom Hanks, guter Zeitvertreib für die Ausganssperre momentan, wollten wir aber nicht unbedingt real nachspielen…
Also, was konnten wir nun tun. Flugseiten geprüft, alternative Flüge gesucht. Nichts. Es war alles ausgebucht oder gestrichen worden. Jetzt machte sich dann doch auch bei uns Panik breit. Es war in verschiedenen Foren bereits erwähnt worden, dass Südafrika in Kürze seine Flughäfen ebenfalls sperren werde. Wir saßen fest. Und später am Abend bestätigte sich, was schon im Raum stand. In einer Ansprache an das Land kündigte der südafrikanische Präsident den kompletten Lockdown für Südafrika für drei Wochen an, beginnend ab dem 26.03., Mitternacht. Lockdown heißt dort auch wirklich strenge Ausgangssperre und das wird dort unter anderem vom Militär kontrolliert. Ebenso sollten alle Personen, die nach dem 09.03. in Südafrika eingereist waren, für 14 Tage in Quarantäne und wir waren am 15.03. eingereist, zwar aus einem Land, in dem zu der Zeit noch kein Fall bekannt war, aber trotzdem. Heißt, wir hätten demnach bis zum 29.03. in Quarantäne gehen müssen. Und nach Beendigung dieser Quarantäne wären wir definitiv nicht mehr weg gekommen… Ich denke, jeder, der das hier liest, kann sich in etwa vorstellen, wie es nun in uns aussah. Jetzt gab es noch eine einzige Möglichkeit, von der wir gelesen hatten, und das probierten wir, hatten ja nichts zu verlieren.
Bis zum Beginn des Lockdowns in Südafrika gingen noch ein paar wenige Flieger von Johannesburg nach Europa, genauer gesagt drei, die natürlich alle ausgebucht waren. Einer ging sogar noch am Abend des 23.03. um 23.55 Uhr nach Amsterdam. Der Flieger war wie gesagt ausgebucht, aber wir hatten gelesen, dass aufgrund der Einreisebeschränkungen nach Europa und der Angst vor einer Reise ins Epizentrum viele Südafrikaner zwar einen Flug gebucht hatten, diesen jedoch nicht antraten. Es war zu dem Zeitpunkt 21.00 Uhr, also los. In Windeseile haben wir unsere Rucksäcke gepackt, mittlerweile hatten wir zum Glück darin schon Routine, und sind mit unseren Gastgebern ab zum Flughafen gedüst. Dort angekommen erfuhren wir, dass es keine Tickets mehr gab. Der Flug war laut den Angestellten der Airline sogar mit rund 60 Personen überbucht. Eine Warteliste gab es nicht und man machte uns nur wenig Hoffnung. Aber wir blieben hartnäckig. Wir sollten um 22.45 Uhr wieder kommen, wenn der Check In geschlossen wird, vielleicht hätten wir noch eine Chance. Mit unseren Gastgebern, die diese Zeit mit uns durchstanden, gingen wir einen Kaffee trinken. Sie versuchten alles, uns auf andere Gedanken zu bringen und redeten uns positiv zu. Die beiden sind einfach absolut klasse und waren ein wahrer Lichtblick in diesen Stunden! Aber die Minuten zogen sich wie Kaugummi, wie man so schön sagt. Um 22.45 Uhr waren wir zurück am Schalter. Ebenso wie rund 20 andere Personen. Und wir ergatterten tatsächlich noch Tickets für diese Maschine. Okay, wir zahlten einen Preis, für den wir normalerweise wahrscheinlich in der Business-Class von Deutschland nach Neuseeland geflogen wären oder über einen Monat zu zweit locker davon hätten leben können, aber es war in dem Moment nur wichtig weg zu kommen. Klingt komisch, das zu schreiben. Eigentlich wollten wir in diesem tollen Land mit seinen tollen Menschen so viel erleben. Und jetzt wollten wir vom Urlaubsland unbedingt ins Epizentrum einer Pandemie, koste es, was es wolle… Vom Schalter rannten wir zum Gate. Irgendwie sind es immer die großen Flughäfen, an denen wir rennen müssen und immer sind es die längsten möglichen Strecken. Und das nachdem wir seit Wochen keinen Sport mehr gemacht hatten… Aber geschafft, wir saßen wenig später im Flieger nach Amsterdam. Völlig fertig. Erleichtert, aber auch unendlich traurig.
Doch wie von Amsterdam nach Deutschland kommen? Selbst die Kurzstreckenflüge kosten momentan ein Vermögen, wenn sie überhaupt stattfinden. Und Leihwägen gibt es für Preise, für die man sich gleich ein ganzes Auto kaufen kann (nur als Beispiel, 900 € pro Tag!!). Flixbusse fahren auch keine mehr. Aber zum Glück die Bahn. Noch in der Warteschlange in den Flieger rein standen wir in Kontakt mit einigen lieben Menschen zuhause, die uns mit Rat und Tat zur Seite standen. Uns unterstützten, herauszufinden, welche Zugverbindungen noch fahren, wo wir die Tickets kaufen können und wo wir hin mussten. Danke Langners und Gernerts für die einwandfreie Informationskette und Unterstützung! :o)
Nach knapp 10 Stunden Flug landeten wir dann vorgestern morgen in Amsterdam. Dem Flug schlossen sich nun noch 7 Stunden Zugfahrt nach Deutschland und ein 2 kilometerlanger Fußweg an. Alles klappte zum Glück reibungslos und wir kamen um ca. 18.00 in der Wohnung an.
Was uns echt irritiert hat, war, dass wir weder bei der Ankunft in Amsterdam kontrolliert oder registriert wurden, noch beim Passieren der Grenze zwischen Holland und Deutschland. Es hat quasi keinen interessiert, dass wir gerade eine Landesgrenze überqueren. Wir dachten, dass zumindest nachgefragt wird, woher man kommt und warum man denn gerade jetzt unterwegs ist und wohin man will. Aber nichts…
Naja, jetzt sitzen wir jedenfalls hier. In Darmstadt. In der Wohnung von meiner/Bastis Schwester, die zum Glück aktuell frei war und wir sie bewohnen dürfen. Danke Tanja! Hier werden wir uns für die nächsten 14 Tage einquartieren, um die Quarantäne abzusitzen, die wir uns selbst auferlegt haben, da wir nicht wissen, wer so alles im Flieger neben uns saß. Und man muss ja nicht riskieren, dass wir eventuell dann doch jemanden aus unserer Familie anstecken. An sich geht es uns gut, wir sind nur unendlich traurig, desillusioniert und noch etwas ratlos, wie es jetzt weiter geht. Die ganzen letzten 4 Jahre haben wir nur darauf hin geplant und gearbeitet, alles war geregelt. Jetzt müssen wir irgendwie schauen, was unsere nächsten Schritte sein werden.
Herzlich willkommen in Deutschland, auch wenn wir uns hier wie woanders auch auf der Welt in einem totalen Ausnahmezustand befinden. Es wissen im Moment so viele nicht, wie so manches weitergehen wird. Jeden Tag auf’s neue Hiobsbotschaften……wir werden alle unseren Weg wieder finden. Ich wünsche Euch nur das Allerbeste dafür, das habt ihr euch verdient. Ganz liebe Grüße 🤗
Ihr Lieben,
bin einfach nur dankbar und glücklich, dass ihr den Abflug aus Südafrika geschafft habt! Alles andere wird sich finden!
Von Herzen Dank unbekannterweise an die netten Gastgeber in Johannesburg, die sich so toll um alles gekümmert haben: Alles Gute für sie!!!
Und an alle, die dem Block folgen: Bleibt gesund!
Nach dem kurzen Frühlingserwachen weht heute ein frisches Lüftchen, schicke ein paar Grüße mit in die Welt … und ganz besonders nach Darmstadt…seid umarmt von uns allen!