
…die ersten 118 Tage nach unserer Reise!
Heute ist der 27. November 2021. Der Samstag vor dem ersten Advent in diesem Jahr und 118 Tage nachdem uns der letzte Flug unserer Reise wieder zurück nach Deutschland brachte. Nach 574 Tagen auf Reisen (davon jedoch 129-tägige Unterbrechung wegen Covid-19) sind wir diesmal endgültig und nicht nur als Stop-over auf deutschem Boden gelandet. Ja, und was sollen wir sagen, über ein Jahr haben wir es geschafft durch die Welt zu reisen, ohne uns zu infizieren. Hier haben wir es nun geschafft uns Covid-19 trotz vollständigem Impfschutz einzufangen und befinden uns aktuell in häuslicher angeordneter Isolation, wie es so schön heißt, und kurieren uns aus. Aber so haben wir Zeit noch einmal abschließend von uns hören zu lassen.
Wie erging es uns nun in den letzten Wochen hier? Ob wir uns wieder gut eingelebt hätten, wie es beruflich nun für uns weitergehen würde, waren die häufigsten Fragen. Die wenigsten Fragen drehten sich tatsächlich um das, was wir in den letzten Monaten unseres Lebens er- und durchlebt hatten. Und wenn doch, waren diese oft nach wenigen Sätzen abgehakt. Es fühlte sich schlagartig an, als wäre das alles schon lang lang her. Ein bisschen als ob man das Buch Weltreise zugemacht hätte und ins Regal gestellt hätte. Der Alltag mit seinen ganzen Problemen und Sorgen, die man für so lange Zeit einfach mal von sich wegschieben konnte, holten uns sehr schnell und gnadenlos ein, so sehr wir uns in der ersten Zeit auch zu wehren versuchten.
Von anderen Rückkehrern von so einer Reise hatten wir im Vorfeld gelesen, dass sie nach dem Ende ihres Abenteuers in ein Loch gefallen wären. Uns ging es tatsächlich nach unserer Rückkehr nicht anders. Julchen hatte es mehr erwischt, Basti ließ es aber auch nicht kalt. Wir registrierten sehr schnell, dass wir nun wieder da waren. Raus aus unserer „Reiseblase“, in der wir nur wir waren und sein durften. In der wir in den Tag hinein leben konnten, uns ganz neu entdecken konnten und in der wir nicht arbeiten gehen mussten, uns nicht in etwas strikt Vorgegebenes hineinpressen mussten und in der wir uns nicht weiter um die hier in Deutschland so alltäglichen und manchmal doch recht absonderlichen Dinge kümmern mussten. Deutschland gab uns keine Schonfrist und machte es uns schwer, uns hier wieder zurecht zu finden; jetzt, wo wir wissen, wie schön unkompliziert es auch anders sein kann.
Zurück in Frankfurt wurden wir von Julchens Eltern in Empfang genommen und nach Hause chauffiert. Es war schön, wieder liebe Menschen in die Arme schließen zu können, darauf hatten wir uns doch sehr gefreut, wenn es auch zunächst etwas befremdlich war, nachdem Covid-19 (nirgends sonst auf der Welt wird von Corona gesprochen, was durchaus zu lustigen Missverständnissen führte, wenn wir zum Beispiel von „Corona“ redeten und der Mexikaner nur an das gleichnamige Bier dachte;-)… ) die zwischenmenschliche Interaktion was u.a. Berührungen angeht doch sehr verändert hat.
Am nächsten Tag ging es in eine der schönsten Städte der Welt. Nach Würzburg. Wir zogen wieder in unsere schöne Stadt-Wohnung, auf die wir uns so sehr gefreut hatten, ein. Die nächsten Tage waren dann tatsächlich vom Auspacken, Einräumen, Wäsche waschen etc. geprägt. Aber diese Zeit genossen wir auch irgendwie. Es fühlte sich alles zwar vertraut, aber doch auch neu an. Wir freuten uns darüber unsere Wohnung wieder zu beziehen und krümelten uns ein.
Den August hatten wir für uns frei gehalten, um wieder hier anzukommen und uns so langsam wieder zurecht zu finden. Tatsächlich war dieser Monat mehr als von uns geplant sehr von Organisatorischem geprägt. Wir mussten uns mit Behörden, Strom- und Internetanbietern, Krankenversicherungen, Arbeitgebern und vielem weiterem auseinandersetzen. Bastis Schwester hat es treffend bezeichnet. Ist man im System „Deutschland“ drin, läuft alles. Aber wehe, man macht mal etwas, das nicht ins System passt… Dann bricht Chaos und Verwirrung aus. Das führte für uns zu vielen Telefonaten, oft auch doppelt und dreifach, weil vieles irgendwie nicht verstanden oder verbummelt wurde, Terminen, Herumärgern und und und.
Die letzten Sommertage hatten wir aber trotz des ganzen Chaos versucht, unsere Heimat- Stadt für uns neu zu entdecken. Wir waren im Main schwimmen (kein Vergleich zu den Bahamas :o), aber trotzdem schön), waren Rad fahren, haben Zeit mit Familie und Freunden verbracht, was wir sehr schön fanden! Wir gewöhnten uns langsam wieder an die Umgebung, die so lange vor der Reise mal unsere Heimat war. Aber so richtig wohl gefühlt hatten wir uns nicht. Es war ein bisschen so, als würde man versuchen sich in einen zu klein gewordenen Schuh hinein zu pressen. Es will einfach nicht so recht passen, was man auch macht. Es mag den wenigsten hier auffallen, aber schaut man hier den Menschen, die einem begegnen, ins Gesicht, sieht man meist in verkniffene unfreundliche Gesichter, wo man anderswo auf der Welt angelacht wurde. Diese grießgrämige Stimmung hier… machte es uns nicht leicht, wieder anzukommen.
Für Basti ging es dann schon am 01.09. wieder los. Neue Stelle, neue Tätigkeit, altes System. Nach so langer Zeit tut man sich schwer, wieder in den alten Trott zu finden, was man eigentlich auch gar nicht will. Eben noch beim Bier trinkenden und Joint rauchenden Inselbewohner im Auto mitgefahren, und dann vom korrekten Beamten auf die für das deutsche Beamtensystem unpassende Frisur hin angesprochen. Toller Start gleich am ersten Arbeitstag. Julchen hatte während dessen noch andere Probleme zu lösen, wo wir wieder bei den oben genannten Scherereien mit Behörden wären. Julchen startete am 01.10. mit neuer Stelle; neue Tätigkeit, altes System.
Unsere Reise, unsere Auszeit vom normalen Leben, fühlt sich schon so lange her an. Und wir vermissen es sehr. Die viele gemeinsame Zeit, die tollen Erlebnisse und den Luxus nichts zu müssen. Wir durften einen Blick darauf erhaschen, wie so ein ortsunabhängiges Leben sein kann. Aber wir haben auch gemerkt, dass es schön ist, ein Zuhause zu haben. Bitte versteht uns nicht falsch, wir haben auch noch einmal, deutlicher als es uns sowieso schon bewusst war, gesehen wie gut wir es hier in Deutschland haben! Und man hat den Eindruck, dass das oft vergessen wird. Gerade jetzt während Covid! Während hier in der Pandemie doch versucht wurde jeden aufzufangen, kämpften und kämpfen in anderen Ländern die Menschen ums Überleben, da sie durch Covid oft alles verloren hatten (wobei sie zuvor schon oft nicht viel hatten). Aber es gibt eben doch auch Dinge, die anderswo besser laufen, als hierzulande. Man kann Dinge auch zu Nichte organisieren und bürokratisieren und so unnötig kompliziert machen, dass man nur noch den Kopf schütteln kann. So hatten wir den Eindruck, dass die Menschen woanders auf der Welt irgendwie unbeschwerter und glücklicher wirken. Natürlich gibt es den Alltag überall, aber das geht auch mit einem Lächeln auf den Lippen.
Sei es drum, wir sind wieder da und wissen auch vieles zu schätzen, was wir hier haben und machen können. Und sei es nur ohne Bedenken überall frei herum laufen zu können, etwas, das hier so selbstverständlich ist, aber in anderen Ecken der Welt durchaus mit Gefahren verbunden sein kann.
Aber nun genug von unserem Gefühlsleben, wir wollten euch ja auch noch erzählen, was uns auf Reisen so passierte, was es bislang nicht in unseren Blog geschafft hatte, um unsere Eltern nicht unnötig zu beunruhigen. Eigentlich war das gar nicht so viel. Nur ein bewaffneter Raubüberfall in Costa Rica. Nachdem wir mit dem Bus damals in die Landeshauptstadt gefahren waren, hatte ein junger Mann am hellichten Tag und mitten in der Stadt versucht, Basti das Handy aus der Hand zu reißen und zu klauen. Basti hat sich den jungen Mann geschnappt und zahlreiche Menschen kamen zu Hilfe und es ging für uns glimpflich aus, für den jungen Mann weniger… Das Handy ist noch da und in Ordnung, kleinere Schürfwunden sind verheilt und man kann inzwischen Scherze darüber machen. Damals hatte uns dieser Überfall aber doch sehr belastet, weswegen wir auch den Kontinent wechseln mussten, um Abstand zu bekommen. Zumal man bei dem Täter auch ein Messer gefunden hatte, das er beim Überfall zum Glück nicht einsetzen konnte. Wer weiß, wie es sonst ausgegangen wäre… Das Ganze hat in Costa Rica hohe Wellen geschlagen. Basti hat es auch in eine Online-Zeitung geschafft und viel Zuspruch aus der Bevölkerung erhalten. Wir wurden sogar ab und an im Land auf den Vorfall angesprochen, da man Basti wiedererkannt hat. Und inzwischen sogar hier in Deutschland. Schon verrückt sowas.
In Namibia hatten wir dann erleben dürfen, wie man dort mit Corona umgeht. Am Flughafen, an dem wir bekanntlich mehr Zeit als gewollt verbracht hatten, waren wir durch eine Covid-Kontrollstelle gelaufen. Hier wurde von allen Passagieren die Temperatur gemessen. Laut deren Thermometer hatte Basti Fieber. Auch bei einer zweiten und dritten Messung. Also, lag ja der Verdacht nahe, dass Basti nicht fit ist, vielleicht ja sogar Corona hatte, aber der Namibianer bleibt da eher positiv und ging davon aus, dass Basti zu lange in der Sonne gestanden haben musste. Basti wurde dann auch konsequenterweise erstmal wieder weg geschickt. Er sollte einfach in 10 Minuten noch einmal kommen. Vielleicht ist das „Fieber“ dann ja weg. Wo man in Deutschland wahrscheinlich direkt abgeschirmt und in Quarantäne gesteckt worden wäre, wurde man dort erstmal wieder vor die Tür geschickt. Aber wir konnten das namibianische Sicherheitspersonal dann mit unserem eigenen Fieber-Thermometer aus unserer Reiseapotheke davon überzeugen, dass Basti kein Fieber hatte. Ja, Technik von vielen vielen Euro versus 1 Euro Fieber-Thermometer.
Jetzt geht es erstmal für uns hier zu Hause in Deutschland weiter. Wir haben uns so gut es geht wieder eingefunden. Und nun geht es auf in ein neues und aufregendes Kapitel unseres gemeinsamen Buches namens Leben.

-Ende-